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Prosit, Nachbarn!

Wenn Gastronomie und Wohnen aufeinandertreffen

So gerne die meisten Menschen gelegentlich Gastwirtschaften und Restaurants aufsuchen, so sehr hält sich die Begeisterung in Grenzen, wenn sich solche in der eigenen Wohnanlage oder in unmittelbarer Nähe davon befinden. Denn dann sind gewisse Störungen an der Tagesordnung. Streitigkeiten vor Gericht sind häufig nicht zu vermeiden. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe entsprechende Fälle gesammelt. Die Spanne reicht von der Umwandlung einer Vinothek zum Restaurant bis zum Standard – der der nächtlichen Ruhestörung.

Die Probleme beginnen oft schon mit der Definition dessen, welche Nutzung erlaubt ist und welche nicht. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 55 S 46/18) musste sich mit der Frage befassen, ob denn die Bezeichnung „Gewerbeeinheit (Laden)“ in einer Teilungserklärung eine gastronomische Nutzung erlauben könne. Das Gericht verneinte dies. Unter einem Ladenraum würden Geschäftsräume verstanden, in denen ständig Waren zum Verkauf angeboten werden. Der Betrieb einer Gaststätte falle nicht unter diesen Verwendungszweck.

Im Prinzip war es eine originelle Idee, eine denkmalgeschützte Scheune zu einer Gastwirtschaft nebst Außengastronomie umzuwandeln. Doch insbesondere die Außengastronomie war der Nachbarschaft ein Dorn im Auge. Und so sah es auch das Verwaltungsgericht Minden (Aktenzeichen 9 K 2755/10). Hier liege eine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots vor, hieß es im Urteil. In unmittelbarer Nähe befinde sich ein Wohnhaus, der Abstand zur Grundstücksgrenze betrage nur vier Meter.

In einem anderen Fall wollten Nachbarn einen geplanten gastronomischen Betrieb in einem allgemeinen Wohngebiet zu Fall bringen, indem sie auf die Existenz anderer Wirtschaften hinwiesen. Dahinter stand der Gedanke, dass die Gegend ja schon ausreichend versorgt sei und nicht noch einen weiteren derartigen Betrieb benötige. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Akten-zeichen 1 LA 85/21) bezeichnete es als unerheblich, wie gut die Versorgung an Lokalen bereits sei. Das Baurecht sei schließlich nicht für den Konkurrenzschutz von Gaststätten zuständig.

Umgekehrt kann es aber manchmal doch eine Rolle spielen, ob und wie sehr ein Lokal für eine gewisse Grundversorgung innerhalb eines Wohngebietes sorgt. Eine Nachbarin klagte gegen die Baugenehmigung für eine Gaststätte mit 300 Plätzen. Das Bundesverwaltungsgericht (Aktenzeichen 4 C 5.18) wies darauf hin, dass das Lokal im konkreten Falle der Versorgung eines Wohngebiets dienen werde. Deswegen seien die davon ausgehenden Störungen hinzunehmen, wenn sie ein gewisses Maß nicht überschreiten.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte über mehrere Jahre hinweg den zweckwidrigen Betrieb einer Gaststätte in einer Teileigentumseinheit nicht beanstandet. Doch dann erweiterte der Betreiber diese Gaststätte um eine Außenterrasse und das war den Eigentümern eindeutig zu viel. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 275/16) bezeichnete es als zulässig, dass die Gemeinschaft als Konsequenz den Betrieb der Gaststätte untersagte. Daran ändere sich auch nichts, wenn der Unterlassungsanspruch lange Zeit nicht geltend gemacht worden sei.

Wenn eine sporadisch betriebene Vinothek mit Straußwirtschaft plötzlich ganzjährig als Restaurant betrieben werden soll, dann ist das bauplanungsrechtlich unzulässig. Die bisherige Lösung war vom Landkreis genehmigt gewesen, aber die erfolgte Ausweitung stellte nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Neustadt (Aktenzeichen 4 K 943/12) eine Nutzungsänderung dar, die mit der ursprünglichen Ausrichtung als Ausschankort eines Winzers weit entfernt sei.

Pizza schmeckt am besten aus dem Holzofen, heißt es immer wieder. Der Besitzer einer Pizzeria betrieb deswegen einen Ofen mit Holzfeuerung. Das führte nach Angaben der Nachbarschaft zu rußhaltigen Verunreinigungen auf Gartenmöbeln. Die Behörden untersagten den Betrieb, der Pizzabäcker ging gegen diese Anordnung mit einem Eilantrag vor und verwies auf den Einbau einer Staubminderung. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Aktenzeichen 10 S 71/19) stützte die behördliche Maßnahme und beließ es bei dem Verbot.

Wenn die in der Nachtzeit zulässigen Richtwerte für allgemeine Wohngebiete und Mischgebiete durch eine Gaststätte deutlich überschritten werden, kann das zu einer Verlängerung der Sperrzeit führen. Konkret ging es um ein Lokal, dessen laute Musik und dessen Gäste regelmäßig zu Klagen der Anwohner wegen Ruhestörung führten. Die Nachbarn beantragten die Anordnung einer früheren Sperrzeit (ab ein Uhr nachts), was von der zuständigen Behörde zunächst abgelehnt wurde. Das Verwaltungsgericht Münster (Aktenzeichen 9 K 1971/12) gab den Nachbarn letztlich Recht. Ob der Betrieb des Lokals dann noch rentabel sei, das sei nach Ansicht des Gerichts in dem Zusammenhang eine unerhebliche Frage.

Eine Gaststätte muss sich nicht nur den selbst verursachten Lärm zurechnen lassen, sondern auch die Ruhestörungen, die in einem technischen oder funktionalen Zusammenhang mit dem Wirtshausbetrieb stehen. Dazu zählt es zum Beispiel, wenn sich Gäste Getränke kaufen können und anschließend auf einer nahegelegenen Grünfläche feiern. Eine saisonale Berliner Freiluft-Schankstätte mit Flaschenbierverkauf hatte vom Bezirksamt die Betriebsgenehmigung für mehrere Monate erhalten. Ein Anwohner wandte sich dagegen und führte an, es werde zu einer enormen Schallbelastung für ihn kommen. Das Bundesverwaltungsgericht (Aktenzeichen 8 C 3/19) entschied als letzte Instanz, in derartigen Fällen müsse eine Gesamtabwägung der störenden Immissionen vorgenommen werden. Das sei hier nicht in ausreichendem Umfang geschehen, weswegen die Gestattungen seitens der Behörde rechtswidrig gewesen seien.

Sisha-Bars kommen immer mehr in Mode. Sie werden auch in faktischen Mischgebieten errichtet und dabei stellt sich gelegentlich die Frage, ob ihr Betrieb nachbarschützende Vorschriften verletzt. Im vorliegenden Fall hatte die zuständige Behörde die Nutzungsänderung einer Immobilie zu einer Sisha-Bar genehmigt. Die Nachbarn wandten sich dagegen. Das Verwaltungsgericht Koblenz (Aktenzeichen 4 K 694/20) stellte sich hinter die Rechtsauffassung der Behörde und merkte an, die Belastung liege zwischen der einer Schank- bzw. Speisewirtschaft und einer Vergnügungsstätte. Von einer wesentlichen Störung, die ein Verbot rechtfertige, könne keine Rede sein.