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Formaldehydfreie Bio-Klebstoffe auf der LIGNA 2023

Anhand einer Holzwerkstoffplatte für den Innenausbau zeigen Forschende des Fraunhofer WKI auf der LIGNA 2023 die Einsatzmöglichkeit für einen neu entwickelten, formaldehydfreien Bio-Klebstoff. Im Vergleich zu den bisher oft eingesetzten Phenol-Formaldehydharzen ist das neue Lignin-HMF-Harz gesundheitlich unbedenklich und frei von petrochemischen Rohstoffen. Die Forschenden präsentieren ein zu 100 Prozent biobasiertes Kondensationsharz für die Holzwerkstoffindustrie, das sich mittels gängiger Prozess- und Anlagentechnik herstellen und verarbeiten lässt.

Die Holzwerkstoffplatte mit formaldehydfreiem Bio-Klebstoff für den Innenausbau ist Teil des »Multimaterialmodells Wand I Decke I Dach«, welches derzeit auf der LIGNA 2023 zu sehen ist. Bei der Klebstoffentwicklung haben Forschende des Fraunhofer WKI mit dem argentinischen Instituto de Materiales de Misiones (IMAM) zusammengearbeitet. Da für die Herstellung regional verfügbare Produktionsreste verwertet werden, hat das Forscherteam eine nachhaltige und wirtschaftlich attraktive Lösung für die Holzwerkstoffherstellung geschaffen.

Holzwerkstoffe wie Spanplatten, OSB, Sperrholz oder Faserwerkstoffe (MDF, HDF) kommen als nachhaltiges Baumaterial in großen Mengen in der Bauindustrie und beim Möbelbau zum Einsatz. Auch im Fahrzeugbau finden sie Anwendung und könnten künftig noch eine weitaus größere Rolle spielen. Zur Herstellung werden bisher unter anderem Phenol-Formaldehydharze als Bindemittel (Klebstoff) eingesetzt. Diese Harze sind zum einen gesundheitskritisch und werden zum anderen aus fossilen Rohstoffen hergestellt.

»Wir wollten eine gesundheitlich unbedenkliche Alternative zu herkömmlichen Phenol-Formaldehydharzen entwickeln, die noch dazu aus nachwachsenden, regional verfügbaren Produktionsresten besteht. Damit der neue Klebstoff mit gängigen Prozess- und Anlagentechniken hergestellt und verarbeitet werden kann, haben wir uns vorgenommen, eine gleichartige Alternative – also ein Bio-Kondensationsharz – zu entwickeln«, erläutert Dr. Steven Eschig, Projektleiter am Fraunhofer WKI.

Die Forschenden suchten also nach einem Weg, die gesundheitskritischen Bestandteile Phenol und Formaldehyd zu ersetzen. Als Ersatz für Phenol testete das Forscherteam erfolgreich Lignin, das nach Cellulose am häufigsten vorkommende Biopolymer in pflanzlicher Biomasse.
Lignin fällt in großen Mengen beispielsweise bei der Papierproduktion an und wird bisher überwiegend energetisch genutzt, also verbrannt. Aufgrund seiner phenolischen Substrukturen ist Lignin ein vielversprechender Rohstoff, um petrochemisches Phenol zu substituieren.

Als Ersatzstoff für Formaldehyd testeten die Forschenden Hydroxymethylfurfural (HMF) - ein Zuckerderivat. Gegenwärtig wird HMF großtechnisch aus Fructose hergestellt. Ergänzend untersuchten die argentinischen Partner die Herstellung von HMF aus natürlichen Zuckerpolymeren wie Stärke oder Cellulose. Hierfür werden die Stärke und die Cellulose in ihre einzelnen Zuckerbausteine – der Glucose – enzymatisch aufgespalten. Die Glucose wird dann zur Fructose isomerisiert und diese dann in einem thermischen Verfahren unter Abspaltung von Wasser zu HMF umgesetzt.

Am Fraunhofer WKI setzten die Forschenden Lignin und HMF zu wässrigen Kondensationsharzen um. »Ein wichtiger Aspekt bei der Harzentwicklung war die genaue Abstimmung des Verhältnisses von Lignin und HMF. Hierbei ist unter anderem die Zusammensetzung und die Herkunft des Lignins entscheidend. Bei unseren bisherigen Versuchen ergab Kraftlignin die besten Ergebnisse hinsichtlich Aushärtungsverhalten und Zugfestigkeiten. In Press- und Zugversuchen am Automated Bonding Evaluation System wurden Scherzugfestigkeiten von mehr als 5 Megapascal erreicht. Die Presszeiten in unseren bisherigen Untersuchungen liegen im Bereich von 30 bis 90 Sekunden. Die Presstemperaturen liegen bevorzugt im Bereich von 130 bis 150 °C«, fasst Dr. Eschig die bisherigen Ergebnisse zusammen.

Mit dem neu entwickelten, gesundheitlich unkritischen Lignin-HMF-Harz erhöhen sich die Vorteile von nachhaltigen Holzwerkstoffen noch weiter. Dank der vollständig biobasierten Alternative zu petrochemischen Kondensationsharzen wird die Holzwerkstoffindustrie unabhängiger von fossilen Rohstoffen. Die Vermeidung von Formaldehyd bei der Harzherstellung führt außerdem dazu, dass die Holzwerkstoffe nur noch extrem geringe Mengen an Formaldehyd enthalten, die natürlicherweise im Holz vorkommen.

Für die Umstellung der Klebstoff- und der Holzwerkstoffproduktion auf die neuen Bio-Kondensationsharze fallen keine hohen Investitionskosten an. Die Holzwerkstoffbranche erhält damit eine wirtschaftlich attraktive Möglichkeit, gesetzliche Vorgaben und steigende Kundenanforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Gesundheitsschutz zu erfüllen.

siehe auch: Fraunhofer-Institut für Holzforschung - Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI)

Holzwerkstoffplatte mit formaldehydfreiem Bio-Klebstoff für den Innenausbau Fraunhofer WKI