Sorge vor Lärm reicht nicht aus, um Montage nicht zu gestatten
BGH: Nur konkrete Auswirkungen der baulichen Veränderung dürfen berücksichtigt werden bei der Frage, ob ein Miteigentümer unbillig benachteiligt wird / Eigentümer können sich gegen Störungen wehren, auch wenn der Beschluss bestandskräftig ist
Mit einem Streit um die Montage eines Split-Klimageräts in einer Wohnungseigentümergemeinschaft musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) befassen: Eine Eigentümerin befürchtete spätere Lärmstörungen durch das Gerät und wehrte sich gegen den Beschluss der WEG. Sie bekam aber weder vor dem Amts- noch vor dem Landgericht Recht. Der BGH bestätigte die Urteile: Bei der Frage, ob eine bauliche Veränderung einzelne Eigentümer unbillig benachteiligt, dürfen nur die unmittelbaren baulichen Auswirkungen der Maßnahme berücksichtigt werden. Gegen mögliche spätere Störungen können sich Eigentümer aber dennoch wehren – durch Direktansprüche gegen den Verursacher. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) begrüßt das BGH-Urteil.
In dem verhandelten Fall (Urteil v. 28.3.2025, Az. V ZR 105/24) hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit einem Mehrheitsbeschluss dem Eigentümer einer Penthouse-Wohnung in der achten Etage die Installation eines Split-Klimageräts, das aus zwei Teilen besteht, gestattet. In dem Gestattungsbeschluss wurde festgelegt, dass das Außengerät auf Dämpfsockeln zur Körperschallentkopplung montiert werden muss.
Die Eigentümerin einer Wohnung im vierten Obergeschoss befürchtete aber Beeinträchtigungen durch tieffrequenten Schall durch das Klimagerät und focht deshalb den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft an. Sie bekam aber weder vor dem Amts- noch vor dem Landgericht Recht. Der BGH hat diese Urteile bestätigt.
Unbillige Benachteiligung liegt nicht vor
Wenn Wohnungseigentümer einem Miteigentümer eine bauliche Veränderung gestatten, kann dieser Gestattungsbeschluss bei einer Anfechtung nur dann für ungültig erklärt werden, wenn die Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet (§ 20 Abs. 4 Alt. 1 WEGesetz), wenn ein allgemeiner Beschlussmangel vorliegt oder wenn die Maßnahme einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt. Dies sei hier aber nicht der Fall, so der BGH.
Bei der Frage, ob eine unbillige Benachteiligung vorliege, dürfen nur die „unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen“, also zum Beispiel die Kernbohrung durch die Fassade oder die Montage, berücksichtigt werden – nicht aber mögliche Störungen durch den späteren Gebrauch. Nur wenn bei der Gestattung bereits evident ist, dass der spätere Gebrauch zwangsläufig einen oder mehrere Eigentümer unbillig benachteiligt, muss die WEG gemäß § 20 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz den Beschluss ablehnen. Das trifft aber hier nicht zu: Das Klimagerät, das montiert werden sollte, entsprach zum einen den Vorgaben der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm). Zum anderen war vorgesehen, das Gerät auf Dämpfsockeln anzubringen.
Direkte Abwehransprüche gegen „Störer“
Einzelne Wohnungseigentümer sind aber nicht macht- und schutzlos gegenüber Störungen, die in Folge einer genehmigten baulichen Veränderung entstehen. Sie haben Abwehransprüche, die sie direkt gegenüber dem „Störer“, also dem Eigentümer, geltend machen können, ohne die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagen zu müssen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz bzw.§ 1004 Abs. 1 i.V.m. § 906 BGB). Dafür können Sie eine Unterlassungsklage erheben.
Möglicherweise unberechtigte Sorgen bremsen bauliche Vorhaben nicht
„Das Urteil ist positiv zu sehen“, sagt Dr. Sandra von Möller, Vorständin des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum. „Wohnungseigentümer müssen – wenn sie Sorge vor einer Beeinträchtigung durch ein Klimagerät haben – nicht den Beschluss anfechten, sondern können sich auch später noch direkt gegen Störungen wehren, falls diese tatsächlich auftreten.“ So bremsen möglicherweise unberechtigte Sorgen bauliche Vorhaben nicht.
Wer als Wohnungseigentümer ein Klimagerät montieren oder andere bauliche Veränderungen umsetzen möchte, sollte seinen Beschlussantrag sorgfältig und konkret vorbereiten und Beeinträchtigungen der anderen Wohnungseigentümer möglichst vermeiden, rät WiE – andernfalls riskiert man spätere Unterlassungsklagen.
siehe auch: www.wohnen-im-eigentum.de.