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„DER MYTHOS DER ATMENDEN WAND“

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bpr. Profis im Malerhandwerk, Schimmelexperten, Bauphysiker und Bauherren und Wohnende sehen sich immer wieder mit dem Mythos der atmenden Wände konfrontiert. Die einen behaupten, Wände atmen. Andere sagen, sie können es nicht. Was ist richtig? Gespräche mit zwei Branchenexperten bringen endlich Klarheit.

Dr. Max von Pettenkofer hat 1858 im Rahmen einer irrtümlichen Luftwechsel-Messung die Theorie aufgestellt, dass Wände atmen. Heute wissen wir, dass er bei seiner Messung gravierende Fehler gemacht hat. Für seine Versuchsreihe verwendete er Drücke, die sehr hoch waren und so nicht in der Natur vorkommen. Die Aussagekraft seiner Erkenntnisse ist somit eher gering – und doch hält sich der Mythos der „atmenden Wände“ bis heute, 160 Jahre später.

Der allgemeine Irrglaube, dass Wände atmen müssen, zeigt seine Konsequenzen auch im modernen Wohnungs- und Hausbau. Je nach Bau- oder Sanierungsvorhaben werden oftmals unpassende Dämmmaßnahmen getroffen. So werden beispielsweise häufig Systeme eingesetzt, denen eine „atmende“ Eigenschaft nachgesagt wird. Dabei kann dies erhebliche Nachteile mit sich bringen, wie z.B. höhere Heizkosten durch unzureichende Dämmung oder Schimmelbildung durch Tauwasser im Bauwerk.

Ein Hersteller von Dämmplatten aus der Schweiz hat es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, wieso sich die Meinung der atmenden Wände weiterhin so hartnäckig in der Branche hält und was dran ist an dieser Idee. Anatol Worch, studierter Bauphysiker und Gutachter, und Klaus Krumm, Sachverständiger für Bauwerksabdichtung und Schimmel in Innenräumen, standen der Korff AG Rede und Antwort. Beide Experten sind sich einig: Wände atmen nicht. Die Wand müsste in der Lage sein, ähnlich einem organischen Lebewesen, einen Luftaustausch durchzuführen. Das ist sie aber eindeutig nicht.

„Wände atmen nicht“
Seit 1991 lehrt Anatol Worch Bauphysik, war in Materialprüfanstalten und in der Industrie tätig. Er betreibt heute sein eigenes Ingenieurbüro mit den Schwerpunkten Innendämmung und Bauakustik. Ein wahrer Experte auf seinem Gebiet.

Im Gespräch hat Worch anschaulich erläutert, dass die äußere Hülle eines Gebäudes luftdicht sein müsse, um so vor Witterung und Wasser geschützt zu sein. Im Zuge von Diffusionsprozessen bestünde rein rechnerisch ein kleiner Transportprozentsatz von Wasser durch die Außenwand, der aber nur bei wenigen g/m2 läge. Im Innenraum, so Worch weiter, entstünden dagegen bis zu 10 kg Wasserdampf pro Tag, die nicht einfach durch eine Wand weggeatmet werden könnten.

Als Profi für verschiedene Innendämmsysteme kennt er die Eigenschaften von diffusionsdichten und kapillaraktiven Innendämmsystemen genau: Diffusionsgeschlossene Systeme hielten die Feuchtigkeit davon ab, in die Wand einzudringen. Wohingegen kapillaraktive Systeme ein Eindringen von Feuchtigkeit und Tauwasserbildung zuließen. Hier müsse dauerhaft dafür gesorgt werden, dass die Wand immer – also auf Lebzeiten – diffusionsoffen bliebe, damit Eindringen und Abtrocknung als Wechselspiel aufrechterhalten werden können.

„Ich habe noch keine Wand atmen sehen“
Klaus Krumm, Sachverständiger für Bauwerksabdichtung und Schimmel in Innenräumen, ist schon seit mehr als 35 Jahren in der Baudiagnostik und -analyse tätig. Darüber hinaus ist er Experte für Schimmelsanierung.

Er stellt im Interview direkt klar: „Wenn Wände atmen könnten, dann müsste es ja ein Organismus sein, der Luft holt und wieder abgibt. Aber das ist grundsätzlich nicht der Fall.“ Ferner gibt der Schimmelexperte an, dass keine Wand ein übermäßiges Aufnnehmen von Luftfeuchte gewährleisten könne. Grundsätzlich gilt aber, dass Wände sorptions- oder diffusionsoffen sein können.

Weist eine Wand kapillare Beschaffenheiten auf, dann verlagert sich der Taupunkt in die Wand. Die sich einlagernde Feuchtigkeit muss anschließend wieder mittels Diffusion an die Raumluft abgegeben werden. Das impliziert, dass auch bei der Weiterverarbeitung der Wand darauf zu achten ist, dass das kapillaraktive System nicht geschädigt wird, indem bspw. mit nicht-geeigneter Wandfarbe gearbeitet wird. Hier sieht der Experte den größten Nachteil kapillaraktiver Systeme: Die korrekte Weiterverarbeitung von z.B. einer Kalziumsilikatplatte durch einen Mieter ist nicht gewährleistet, wodurch es zu Feuchtigkeitsansammlung und schließlich Schimmel kommen kann.

Diffusionsgeschlossene Systeme, wie beispielsweise die Superwand von KORFF, verhinderten durch eine integrierte Aluminium-Dampfsperre, dass Feuchtigkeit in die Wand gelange. Daher benötige sie keine Diffusionseigenschaften und sei auch in der Weiterverarbeitung deutlich toleranter. 

siehe auch: www.superwand.de/waende-atmen-nicht

Einatmen. Ausatmen. Wichtig für Menschen – auch für Wände? bpr-Foto: Korff-iStock-1312755496_LR